DAS 16. UND 17. JAHRHUNDERT - TEIL 1
Die meisten frühen Räderuhren waren wohl
Wanduhren oder standen auf Holzkästen, in denen die Gewichte abliefen, frei
im Raum. In der ersten Hälfte des 15-Jahrhunderts entstanden zwar schon die
ersten federgetriebenen Tischuhren, häufiger werden sie allerdings erst in
den Jahren nach 1500.
Eine für das 16. und 17. Jahrhundert besonders charakteristische Form ist
die Türmchenuhr, deren Äußeres noch die Herkunft aus den Tafeldekorationen
des späten Mittelalters verrät. Reich dekorierte Gehäuse, meist aus
vergoldeter Bronze, stehen auf Sockeln aus Metall oder schwarz lackiertem
Holz. Die Ecken der fast immer rechteckigen Gehäuse sind durch
Dreiviertelsäulen, manchmal sogar durch freistehende Säulen hervorgehoben.
Das oft etwas gedrungen wirkende Werksgehäuse wird oben von einer steilen
Kuppel oder von mehrstöckigen Aufbauten abgeschlossen. Seit der Mitte des
16. Jahrhunderts stehen auf den Ecken kegelförmige Baluster, die in der
Architektur und den Möbelentwürfen der Renaissance sehr beliebt sind.
Einzelne kostbare Türmchenuhren tragen als Abschluß noch die Statuette des
Atlas, der die Weltkugel trägt, oder den kaiserlichen Adler. Auch frühe
Beispiele besitzen oft auf allen Seiten Zifferblätter für verschiedene
Indikationen, die Anzeige der mittleren Zeit, der Sternzeit, des Laufs von
Mond, Merkur, Mars, Venus und der anderen damals bekannten Planeten, in
manchen Fällen auch Kalenderangaben. Solche Uhren mußten daher immer frei
aufgestellt werden. Fast sämtliche Türmchenuhren besaßen einen Federantrieb
mit Radunrast, die aber im späten 17- und im 18. Jahrhundert häufig durch
ein Pendel ersetzt worden ist. Die meisten Türmchenuhren sind mit einem
Schloßscheibenschlagwerk für die vollen Stunden und einem Weckerwerk,
gelegentlich auch mit einem zusätzlichen Viertelschlagwerk ausgestattet. Als
leicht tragbare und kostbare Zeitmesser wurden sie wohl häufig auf Reisen
mitgeführt, denn die lederbezogenen Schutzgehäuse einiger dieser Uhren sind
erhalten geblieben.
Weitaus seltener sind die gewichtgetriebenen Türmchenuhren, die dann stets
auf einem höheren Holzsockel standen. Typologisch gehören sie in die
Entwicklung der Bodenstanduhren, doch haben auch sie keineswegs immer nur
eine einzige Schauseite, sondern wegen ihrer zahlreichen Indikationen meist
drei, manchmal auch vier.
Zu den im 16. und 17. Jahrhundert, der Zeit des Manierismus und des
Frühbarocks, besonders geschätzten Uhren gehören die Figurenuhren.
Meist von Goldschmieden gearbeitete Statuetten, manchmal nach antiken
Vorbildern, Tiere, Wagen und Schiffe werden spielerisch mit Uhr- und
Schlagwerken verbunden. Als Werke der Kleinplastik, die häufig als Automaten
sich auch bewegen konnten, galten sie als kostbarer, fast
selbstverständlicher Tischschmuck in Palästen der Fürsten und in den Häusern
reicher Kaufleute. Augsburg und Nürnberg waren in Deutschland wohl die
wichtigsten Zentren für die Anfertigung solcher Arbeiten. Die meisten
Figurenuhren dieser Zeit sind jedoch eher Objekte des Kunstgewerbes als
genau gehende Zeitmesser. In den breiten ausladenden Sockeln aus dunklem
Holz oder getriebener und gravierter Bronze ist das Geh- und Laufwerk
untergebracht. Reiterfiguren, von Elefanten oder Pferden gezogene
Triumphwagen, Dromedare, Löwen, Greifen, Adler, Schildkröten und Hunde aus
vergoldeter Bronze oder Silber tragen oder halten die kleinen Zifferblätter
mit einem einzigen Zeiger. Gestalten der antiken Mythologie, Venus, Diana,
Bacchus und Mars von oft großer künstlerischer Vollendung, und denkmalhafte
Statuetten historischer Persönlichkeiten werden mit Uhren verbunden, die
dann fast nur Beiwerk zu sein scheinen. Besonders beliebt waren in
Süddeutschland kleine Figuren auf hohem Sockel, die mit einem Stab an dem
Zifferkranz einer sich drehenden Kugel die Stunde anzeigten.
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