GROSSUHREN IM BAROCK Teil 3
Die in Frankreich übliche Unterscheidung
zwischen den in der Regence (1715-1723) und dem frühen Louis Quinze
(1723-1774) entstandenen Pendulen geht eher auf die Gliederung der
französischen Geschichte als auf wesentliche formale Veränderungen zurück.
Mehr durch die technischen Verbesserungen und das intensive Interesse des
Hofes, der Akademie der Wissenschaften, der Mechaniker und vieler
bürgerlicher und adeliger Amateure, als durch eine einheitliche stilistische
Haltung ist die Herrschaft Ludwigs XV. zu der glanzvollsten Zeit der
französischen Uhrmacherkunst geworden. Ludwig XV. war selbst außerordentlich
an den Fortschritten der Uhrmacherkunst interessiert. »Der König wollte auch
das kleinste Detail meiner Maschine kennen lernen«, berichtet ein Uhrmacher,
der dem Herrscher eine besonders flache Taschenuhr vorgeführt hatte.
Talentierte Uhrmacher wurden rasch >~Königliche Handwerker«. Verständnis für
technische Probleme erwartete man im Frankreich des 18.Jahrhunderts von
jedern Gebildeten; er sollte zugleich auch »Architekt, Uhrmacher, Dichter,
Komponist und Tischler« sein. Die Akademie, der in ganz Europa gelesene
Mercure de France und das journal des Savants machten neue Erfindungen und
Verfeinerungen wissenschaftlicher Instrumente rasch bekannt. Die von
gelehrten Gesellschaften für die Konstruktion noch genauer gehender Uhren
ausgesetzten Preise waren verlockend hoch.
Die künstlerische Entwicklung unter Ludwig XV. ist bestimmt durch einen
vorher unbekannten Sinn für asymmetrische Formen, die dem Hochbarock fremd
waren; ihr Leitmotiv wird die Rocaille, das bevorzugte Ornament des Rokoko.
Das Interesse an exotischen Motiven, Figürchen von Negern, Türken und von
Chinesen, wächst mit der Kenntnis der außereuropäischen Welt.
Die Gehäuseformen der im späten Louts Quatorze entstandenen Pendulen bleiben
zunächst unverändert, werden aber bald eleganter und weisen fast stets die
charakteristische Einschnürung zwischen dem Unterteil und dem das
Zifferblatt einfassenden Oberteil auf. Die schlüssellochförmige verglaste
Vorderseite wird geradezu zur Leitform der meisten im 18. Jahrhundert in
Frankreich gefertigten Pendulen. Schwungvolle florale Bronzeappliken fassen
die Ränder der Gehäuse ein - ein deutscher Uhrmacher des 18.Jahrhunderts
beschreibt diese prächtige Schmuckform recht trocken, »die Franzosen
verzieren (ihre Uhren) mit allerhand artigen Verzierungen von Laubwerk« -
bekrönt werden die Pendulen von eleganten vergoldeten Bronzeaufsätzen. Stets
besitzen sie eine zugehörige, an der Wand befestigte Konsole. Nach dem
ersten Drittel des Jahrhunderts werden dreizehnteilige Emallzifferblätter
mit großen römischen und kleinen arabischen Ziffern häufig, die Zeiger
bestehen anfangs aus gebläutem Stahl und haben, wie die Uhren des späten
Louts Quatorze, die Form stilisierter Lilien. Abgelöst werden sie von
Zeigern aus gesägtem, graviertem und vergoldetem Messing.
Zu den schönsten im Louis Quinze entstandenen Uhren gehören die Cartel-Uhren,
kartuschenförmige Wanduhren aus vergoldeter Bronze, deren Form zunächst
recht geschlossen wirkte, die aber bald durch meist floralen, manchmal fast
abstrakten Rocailledekor zu durchbrochenen freiplastischen Gebilden werden,
die die herkömmliche Symmetrie der Rahmung bald verlieren. Vergleichbar sind
diese auch technisch bewundernswerten Bronzearbeiten nur den prächtigen
Wandleuchtern aus dieser Zeit. Manche dieser vergoldeten Bronzegüsse tragen
einen Stempel mit einem gekrönten C, dem C couronne, das ein Kontrollzeichen
für eine in den Jahren zwischen 174 5 und 1749 erhobene Steuer auf Kupfer
und Bronze ist. Das Zifferblatt der Cartel-Uhren ist fast stets eine
einteilige Emailscheibe. Ihre relativ kleinen Werke besitzen meist kein
Selbstschlagwerk, sondern lediglich ein Rufschlagwerk.
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